Thema: Meine Jugend- / Einsteigerrunde - aktueller Einblick
Rubrik: Lernen durch Schmerzen
Beim spielleiten für meine Jugend- / Einsteigerrunde fallen mir doch immer wieder kleine und große Einsteiger“fehler“ auf. Das ist bei Neulingen natürlich nichts ungewöhnliches und führt auch zu großem Spaß und Lachern bei allen Beteiligten. Und sie lernen dadurch wichtige Lektionen im Umgang mit einer plausiblen Spielwelt. Was man tut, kann Konsequenzen haben und davon können alle Spieler lernen. Alte Hasen, wie ich etwa, schmunzeln dabei – nicht etwa in Schadenfreude, sondern in Nostalgie an eigene Einsteigertage und dem Bewußtsein, dass Neulinge „alte“ und vermeidbare Fehler und Chaos-Exzesse offensichtlich begehen müssen, um ihre Erfahrungen zu machen.
Da wir gestern eine Menge Spaß bei einem (zwischengezogenen) Abenteuer hatten, möchte ich euch an diversen Begebenheiten teilhaben lassen. Es handelt sich um fast schon „typische“ Ereignisse, die bestimmt so mancher schon erlebt hat. Sowas ist zeitlos und „priceless“ was Newbie-Erfahrung angeht.
Gespielt haben wir das erste Szenario „The Captain's Daughter“ des Sword & Sorcery Rollenspiels „Broadsword“. Broadsword funktioniert mit dem 1PG-System, welches sehr einfach und klassenlos ist. Meist wird nur mit einem W6 gearbeitet. (Da ich es ungeheuer gelungen finde, werde ich später dazu einen Eintrag bei „News & Systeme“ einsetzen.)
Die Spielercharaktere (alles Menschen weil Sword & Sorcery) sahen kurzgesagt wiefolgt aus:
- Männlicher Charakter, der mit Pfeil und Bogen umgehen konnte und gut in Spurenlesen und Verhandeln war, der zudem einen Kriegshund besaß.
- Männlicher Charakter, mit einer ordentlichen Axt bewaffnet und gerüstet.
- Weiblicher Charakter, die ebenfalls mit Pfeil und Boden und einem Kriegspferd ausgerüstet war. In Leder gerüstet.
- Männlicher Charakter, mit Morgenstern und Armbrust, wenig Rüstung und Kriegshund.
Der Anfang:
Es begab sich, dass die Helden mit dem Schiff zur Hafenstadt Pyrani fuhren um den Leichnahm eines alten Kameraden in sein nahegelegenes Heimatdorf zu bringen.
Ein Karren zum Transport wurde schnell organisiert und die Reise ins Dorf begonnen. Dort stellte sich heraus, dass die Tochter des Toten von einem Taugenichts namens Malo verführt wurde. Sie lief mit ihm fort, höchstwahrscheinlich in die große Stadt (Pyrani).
Einen Tag nach dem erweisen der letzten Ehre kehrten die Helden nach Pyrani zurück um die Tochter zu finden. Da der Geldbeutel der Charaktere durch Starteinkäufe recht erschöpft war, quartierte man sich in der „Taverne zum dampfenden Oger“ im Armenviertel von Pyrani ein. Damit waren die Finanzen nahezu erschöpft. Geld musste dringend her, so entschloss sich eine Hälfte durch fischen und Handelsdienste Geld zu sammeln, während die beiden Krieger in den Wald gingen um zu jagen.
Das " - Ereignis":
Die zwei erreichten am Waldesrand einen Bauernhof und entschlossen sich die dicke Bäuerin zu überreden ihnen die Gänse (umsonst) zu überlassen. Die Bäuerin versprach ihnen etwas Geld zu geben, wenn sie den Stall ausmisten würden. Gesagt, getan. Es ging auf den Abend zu. Die beiden bekamen eine deftige Mahlzeit und ein wenig Geld für die Arbeit.
Das reichte den zweien jedoch wohl nicht, sie entschlossen sich zunächst:
den Hofhund zu köpfen, ihn in „rucksackgerechten“ Portionen zu zerhacken und einzustecken (ohne den Kopf allerdings, der wurde explizit an Ort und Stelle gelassen)
die Gänse zu köpfen, die Köpfe innerhalb der Umzäunung zu lassen und die Kadaver an einem Seil zu knüpfen, welches man hinter sich her ziehen wollte
die Waffen im Brustkorb der Bäuerin zu versenken und Selbige so dem Tode zuzuführen
die Tochter der Bäuerin (ein um die 14 Jahre altes Kind, das alles mit ansehen musste) wurde dabei noch schwer am Bein verletzt – sie wurde mangelhaft (Probe misslungen) verbunden, nicht jedoch um ihr zu helfen, sondern um zu verhindern dass die Wunde eine verräterische Blutspur hinterließ
Das wimmernde Mädchen warf sich der Krieger mit dem Morgenstern über die Schulter, das Kind wollte man mitnehmen um es zu verkaufen. Danach wurde noch in aller Ruhe die Scheune geplündert und etwas über 50 Eier und ein Esel erbeutet.
Man ging zurück ins Haus um noch etwas Geld zu suchen. Draußen bellte der Kriegshund.
Fünf Holzfäller kamen von der Arbeit aus dem Wald. Nun konnten sich die beiden nicht entscheiden was sie tun sollten und verloren wertvolle Zeit. Die Holzfäller sahen das Massaker bei den Gänsen und fanden den Hundekopf. Sie begannen zu rufen und zwei von ihnen liefen los um Hilfe zu holen (zwei, um aus verschiedenen Richtungen Hilfe zu holen) während die anderen drei mit bereitgemachten Äxten auf das Haus zu gingen.
Unsere zwei Helden wußten zunächst nicht was sie tun sollten und entschlossen sich den Kleiderschrank auszuräumen, darin das Mädchen zu setzen und zu behaupten sie wären gerade gekommen und hätten diesen Ort so vorgefunden.
Da sie allerlei Zeit verbrauchten, wurden sie von den Holzfällern gerade erwischt, als sie das verletzte Mädchen in den Schrank legen wollten. Es geschah quasi auf frischer Tat.
Es folgte ein kurzer Kampf, wo es ihnen gelang die drei Holzfäller (einer davon der Vater des Kindes und Ehemann der Bäuerin) zu töten. Und ja, das Mädchen musste wieder alles mit ansehen. Unsere zwei Helden bemerkten dass sich nun eine große Gruppe, offensichtlich mit Fackeln und Heugabeln dem Grundstück näherte, sie fassten den Entschluss abzuhauen, führten ihn jedoch nicht sofort aus. Als sie letztlich aus der Haus rannten, war die Gruppe alarmierter Bauern gerade mal zehn Meter entfernt. Ihre (normalen) Proben zum Weglaufen misslangen und so wurden sie kurz über lang von der großen Gruppen (an die 20 Mann) überwältigt.
Die Bauern fanden das ganze Ausmaß der Tat, fesselten die „Helden“ und riefen nach der Garde. Würfe ergaben, dass sie rechtstreu genug waren um die zwei nicht an Ort und Stelle zu lynchen.
Erste Konsequenzen:So kamen die beiden in den Kerker der, auf einer Klippe stehenden, Festung von Pyrani und wurden mit schweren Ketten an die Wand gefesselt. Ihre zwei anderen Kumpanen hatte mittlerweile herausgfunden, dass Malo ein berüchtigter Menschenhändler sei, der es gerade auf Jungfrauen im passenden Alter (wie etwa die eigentlich gesuchte Tochter) abgesehen hatte. Sie erfuhren auch von den Taten ihrer Kameraden. Nach diversen Begebenheiten im Armenviertel, Dienstbotengänge für Händler um die Herbergskosten zahlen zu können, stieß zumindest einer auf Malo. Dieser war jedoch in Begleitung von drei muskelbepackten Schlägern, so dass sich der eine erst mal nicht mit ihm anlegen wollte. Die Kampfkraft der Gruppe war ohnehin halbiert, weil die eigentlichen Nahkämpfer im Kerker saßen.
Apropos Kerker, der adlige Richter Toquel wurde mit dem Fall betraut (er gilt als gerechtester aber auch härtester Richter von Pyrani) und so sah es gar nicht gut aus für die Angeklagten. Das Mädchen hatte als einzige der Familie überlebt und belastete sie schwer. Die Angeklagten erfanden die Geschichte das sie von Malo dazu gezwungen wurden und Richter Toquel entschied, dass er diesen Malo zunächst einmal anhören wolle, bevor der ein Urteil sprach. Die anderen zwei Spielercharaktere sagten zwar zu Gunsten der Angeklagten aus (glaubten aber natürlich nicht an ihre Unschuld), dass aber nur in der Hoffnung, dass die Todesstrafe in lebenslange Zwangsarbeit im Steinbruch oder auf einer Galeere umgewandelt wird. Sehr wahrscheinlich war das nicht und so drohte den Angeklagten die Hinrichtung, die „damnatio ad bestias“, also die Hinrichtung durch wilde Tiere (die Bogenschützin freute sich insgeheim schon auf das Schauspiel, was in der Arena der Stadt stattfinden würde).
Der Ausbruch:Einer der Angeklagten hatte die Spezialfähigkeit mit Tieren zu sprechen und so gelang es ihm nach und nach eine Ratte mit Brot zu „bestechen“, damit sie ihm den Schlüssel eines schlafenden Wächters bringen würde. Dies erwies sich unterm Strich sogar als erfolgreich und so gelangten sie in die Wachstube des Kerkers, wo sich derzeit nur ein schlafender Wächter aufhielt. Die Würfel entschieden dass der andere im Augenblick nicht da war, letztlich um Essen zu holen.
Dem einen Krieger (nun ohne Axt) gelang es mit einem riskanten One-hit-kill-Manöver den schlafenden Wächter relativ leise zu töten/erwürgen. Die beiden Flüchtlinge erreichten den Burghof und versuchten an einer geeigneten Stelle die Burgmauer empor zu klettern, um auf der anderen Seite wieder hinunter zu klettern.
Dabei zogen sie sich einige Verletzungen zu, weil die Herren prompt ihre Proben verhauten und ein paar mal stürzten. Die Wand war offensichtlich aufgrund des Klimas recht glitschig. Meist gelang es ihnen die Schmerzenslaute zu unterdrücken.
In der Zwischenzeit kam der andere Wächter (sie sahen ihn sogar in den Kerker gehen) zurück und entdeckte den Ausbruch.
Dem Charakter (jetzt ohne Morgenstern, dafür aber mit gestohlenem Schwert des getöteten Wächters) gelang es die Zinnen zu erreichen, als Alarm geschlagen wurde. Er versuchte sich nun rasch an den Abstieg, stürzte aber knapp die Hälfte der Strecke zu Boden in einen Baum, der glücklicherweise auf der Karte eingezeichnet war. Er erlitt nicht viel Schaden.
Der andere war ziemlich verletzt und hatte noch einen einzigen Lebenspunkt übrig. Mit letzter Kraft und trotz angemessener Erschwernis auf den Wurf, schaffte er es auf die Zinnen. Mittlerweile war die Aufregung unter den Wachen groß und die Ausbrecher wurden aktiv gesucht.
Beim Abstieg verließ den Verletzten jedoch sein Glück, er stürze ab und schlug aus einer lebensgefährlichen Höhe auf den Felsboden. Damit verlor er mehr als nur seinen Lebenspunkt. Die Flucht und sein Charakterleben endeten für ihn an dieser Stelle.
Das war Spielercharaktertod Nr. 1 an dem Abend....
Weiter ging es mit den anderen Flüchtling, der mehr Glück gehabt hatte. Er versuchte über die Klippe zu entkommen und als Gardisten kamen, versuchte er sich zu verstecken, was jedoch prompt misslang. Von Hunden gehetzt sprang er schließlich von der knapp 50 m hohen Klippe in den Ozean, in der Hoffnung so zu entkommen.
Der Wurf, um dabei kein oder nur wenig Schaden durch den Aufprall zu erleiden, misslang (Bauchplatscher aus 50 m Höhe... Auweia) und so verlor auch er mehr als die letzten Trefferpunkte.
Da brachte die Spielerin der Bogenschützin den Begriff „Rest in Pieces“ scherzend ein, was durchaus für einen guten Lacher sorgte.
In der Zwischenzeit hatten ihre Freunde mehr über das gesuchte Mädchen herausgefunden. Offensichtlich hatte, der nun von offizieller Stelle aus gesuchte, Malo sie an Sevitrex, den Hohepriester der Feuergöttin Inisa verkauft. Ein erstes Zusammentreffen mit Sevitrex (der Mann ist in der Pyrani ungefähr so gefürchtet wie Darth Vader in Star Wars, weil die Göttin Inisa die Göttin der Zerstörung ist) brachte die Gewissheit, dass Sevitrex in die Sache verstrickt ist.
Soweit die Sitzung...
Welche wichtigen Lektionen zieht man daraus? Alles was man tut, wirkt sich plausibel auf die Umwelt aus.
Wenn man schon etwas schlimmes – wie etwa Raubmorde - begeht, dann sollte man sich nicht erwischen lassen. Nicht vorher, nicht nacher und schon gar nicht dabei!